Meine Geschichte – Herz oder Verstand?
Aus heutiger Sicht würde ich sagen, mein Verstand hatte mich die ersten 40 Jahre meines Lebens voll im Griff.
Das fing bei der Studienwahl an. Ich hatte mich für Wirtschaftsinformatik entschieden, weil diese Fachrichtung nach dem Studium gute Perspektiven und Verdienstmöglichkeiten bot. Meine Herz habe ich nicht gefragt….
Danach arbeitete ich viele Jahre in Projektleitungsfunktionen im Marketing und Personal, anfangs in mittelständischen Unternehmen und die meiste Zeit in einem DAX-Konzern.
Mein Ziel war es immer einen wirklich guten Job zu machen. Das was ich machte, machte ich richtig gut. Ob mir meine Arbeit Spaß machte und mich erfüllte – diese Frage habe ich mir lange nicht gestellt. Heute würde ich sagen, ich habe “funktioniert”.
Viele Berufsjahre vergingen und so langsam begann sich eine Unzufriedenheit einzustellen. Ich fühlte mich beruflich nicht am richtigen Platz. So wechselte ich innerhalb des Konzerns die Positionen immer in der Hoffnung, jetzt das Richtige zu finden. Ich wurde auch zufriedener, aber ich spürte, ich bin noch nicht angekommen. Mein Verstand sagte mir immer wieder, andere wären froh einen so gut bezahlten Job zu haben, du hast tolle Kollegen, sei froh, dass du einen solchen Job neben der Erziehung deiner Kinder ausführen kannst.
Der Beginn
Irgendwann kam dann mein Mann von einem Kommunikationsseminar wieder und erzählte mir etwas von gewaltfreier Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg. Das Thema hat mich auf Anhieb magisch angezogen.
Zu dieser Zeit war mein jüngster Sohn bereits 4 Jahre alt, so dass ich wieder mehr Raum für mich hatte.
Ich bestellte mir viele CD’s zu diesem Thema und hörte sie immer auf dem Weg zur Arbeit. Das Thema lies mich nicht los und so entschied ich mich, eine Grundausbildung in Gewaltfreier Kommunikation zu machen.
Das war für mich der erste Schritt, meiner “herzgetriebenen” Seite endlich einmal Raum zu geben, denn in dieser Ausbildung ging es um das Wiederentdecken der eigenen Bedürfnisse.
Plötzlich merkte ich deutlich, dass ich eine besonderes Gespür für andere Menschen habe und mir wurde immer mehr ich bewußt, dass ich beruflich am falschen Platz bin. Mein Verstand sagte aber auch diesmal, sei froh, einen solch gut bezahlten Job zu haben.
Wie ich meine Berufung fand
Es sollte dann noch zwei weitere Jahre dauern bis das Folgende passierte:
Ich war nachmittags allein zu Hause und durchstöberte mein Bücherregal – eigentlich ohne Ziel. Dabei fiel mir ein Ratgeber in die Hand, in dem es um das Entdecken der eigenen Berufung ging.
Und plötzlich hatte ich einen “Geistesblitz” – eine Eingebung: “Warum berate ich nicht andere Menschen dabei ihre Berufung zu finden?”.
In dem Moment war ich absolut sicher, dass das genau das Richtige ist. Mit meinem Verstand konnte ich mir diesen “Geistesblitz” natürlich nicht erklären…Ich hatte in diesem Moment starke Körperreaktionen, die ich in der Form und der Stärke gar nicht von mir kannte. Mein Herz ging schneller, die Atmung ebenfalls. Ich lief wie elektrisiert durch die Wohnung und habe nur noch überlegt, welche Schritte sind nötig, um zukünftig als Berufungscoach arbeiten zu können.
In Windeseile habe ich dann recherchiert, welche Coachingausbildungen für mich in Frage kämen und wurde auch fündig. Der einzige Wermutstropfen bestand darin, dass ich noch mehrere Monate bis zum Start der Ausbildung ausharren musste. In der “Wartezeit” habe ich dann schon einmal sämtliche empfohlene Literatur gelesen. Ich spürte nun ganz deutlich, welchen Unterschied es machte, wenn man sich mit echten Herzensthemen beschäftigte.
Die Coachingausbildung habe ich berufsbegleitend gemacht und hier hat sich deutlich gezeigt, dass es genau das Richtige für mich ist.
Für mich wurde es nun immer schwerer meinem Broterwerbsjob nachzugehen und insgeheim hatte ich gehofft, dass es in der Firma auch in diesem Jahr wieder ein Abfindungsprogramm auf freiwilliger Basis geben würde (so wie auch in den letzten Jahren).
Und so kam es dann auch. Es gab in der Tat ein Abfindungsprogramm. Nun könnte man meinen, dass es einfach war, auf dieser Basis zu kündigen. Aber so einfach war es dann doch nicht. Denn es zeigten sich sämtliche Ängste, die man sich vorstellen kann – mein Verstand war wieder sehr präsent. In der Zeit, als ich die Entscheidung treffen musste, ob ich kündige oder nicht, war ich gerade mit meiner Familie und Freunden auf Sizilien. Und obwohl ich von meinem Mann und meiner Freundin sehr darin bestärkt wurde einen neuen Weg zu gehen, war der Urlaub alles andere als entspannt für mich. Was mir geholfen hat war die folgende Überlegung:
Was wäre, wenn ich mit 80 Jahren im Schaukelstuhl sitze, auf mein Leben zurückschaue und dann sehe, dass ich vor lauter Angst nicht die Chance genutzt habe, beruflich das zu tun, was wirklich zu mir passt?
Diese Vorstellung war für mich unerträglich und ich hätte es mir niemals verzeihen können, wenn ich diese Chance nicht genutzt hätte.
So kam es dann, dass ich meinen hochbezahlten Konzernjob gekündigt habe und mich als Berufungscoach & Mentorin selbständig gemacht habe.
Heute
In meiner Arbeit habe ich etwas sehr Wichtiges festgestellt. Ich habe die Gabe, mich mit meinen Klienten auf einer tiefen Ebene zu verbinden und dabei ihre Potenziale und Bedürfnissen ans Licht zu bringen, die auf klassischem Weg nicht einfach zu finden sind. Diese Erkenntnisse verbinde ich dann mit meinem Fachwissen und meinen langjährigen Erfahrungen. Das Ergebnis ist ein Coaching auf einer ganz anderen Ebene.
Heute ist mein Leben reich, auch wenn mein Terminkalender noch nicht zu 100% gefüllt ist. Ich fühle mich reich, weil ich das Leben von anderen Menschen verändere. Ich hatte in den letzten Jahren so viele Gänsehaut-Momente in meiner Arbeit, die mich tief berührt und glücklich gemacht haben, wie ich sie in den 20 Jahren davor nicht hatte…
Und – heute regiert mich nicht mehr ausschließlich mein Verstand, denn ich weiß, dass es Dinge gibt, die man mit dem Verstand nicht erfassen kann und schenke ihnen die entsprechende Aufmerksamkeit und auch das macht mein Leben um so viel reicher.